Allerheiligen
Heute ist Allerheiligen.
Ein katholisches Fest und ich bin evangelisch.
Trotzdem berührt mich dieser Tag.
Er erinnert mich an Menschen, durch die etwas von Gott spürbar wird.
Ich denke an meine Oma. Sie ist heute 93.
Sie erzählt oft von Menschen, die sie durchs Leben begleitet haben –
„Engel ohne Flügel“, sagt sie.
Menschen, die ihr Türen geöffnet, ihr geholfen haben,
dass sie den Beruf lernen konnte, den sie wollte, trotz Nachkriegszeit.
Dass sie sich ein Leben aufbauen konnte mit Kindern, Haus und Garten, mit Kultur und Musik und Freude.
Ein Leben, von dem sie selbst sagt, dass sie sich von Gott begleitet weiß–
auch wenn sie mit ihm auch häufig gehadert hat.
Heute ist Ihr Leben ein anderes.
Das Haus ist verkauft, der Garten weg.
Freunde sind gestorben, vieles wird kleiner, manches schmerzt.
Da ist kein leichtes Getragen Sein mehr.
Da ist der Tod, der näher rückt und oft die Gedanken einnimmt
und die Mühe, Abschied zu nehmen von dem, was das Leben einmal war.
Und doch bleibt sie dran. Gibt nicht auf.
Sie liest, sie fragt, sie redet über Gott,
sie ringt mit ihm – offen und ehrlich.
Und darin liegt für mich etwas Heiliges.
Ich will sie öfter sehen, als es mir gelingt.
Aber jedes Mal, wenn wir sprechen,
lerne ich etwas über Glauben:
dass Vertrauen kein Zustand ist,
sondern ein Ringen.
Heilig ist, wer dem Leben standhält – und mit Gott im Gespräch bleibt.