31.10. Reformationstag
Heute ist Reformationstag.
Kein nostalgischer Blick auf Thesen und Kirchentüren, sondern eine Erinnerung daran, dass Glaube auch bedeutet: Ich darf hinterfragen und alles darf auf den Prüfstand. Auch das, was wir längst gewohnt sind.
Damals stellte Martin Luther eine Kirche infrage, die Angst schürte, statt Vertrauen zu wecken, die Menschen klein machte und nicht frei.
Er hat aus der Überzeugung heraus gehandelt, dass kein Mensch sich Gottes Liebe verdienen muss.
Auch heute braucht es diesen Mut. Denn Freiheit bleibt gefährdet.
Wo Wahrheit verbogen, Angst geschürt und Menschen gegeneinander ausgespielt werden, entsteht neue Unfreiheit.
In den USA, wo Populismus sich mit religiösem Pathos verbindet und Glaube politisch missbraucht wird.
In Europa, wo Nationalismus und Antisemitismus zurückkehren und Geflüchtete entmenschlicht werden.
Und auch in Deutschland, wo Misstrauen, Hetze und Vereinfachung an Boden gewinnen, wo politische Sprache das Trennende unterstreicht.
Freiheit lebt nicht von Parolen, sondern von Verantwortung, von Menschen, die hinsehen und widersprechen.
Da, wo Sprache entgleitet, wo Menschen diffamiert, Gruppen gegeneinander ausgespielt oder demokratische Prinzipien ausgehöhlt werden, braucht es Widerspruch.
Wenn wir uns heute an die Reformation erinnern, dann daran:
Glaube lebt davon, dass wir das Gewohnte prüfen und der Gnade mehr zutrauen als der Angst. Dann wird Reformation mehr als ein Denkmal, sie wird zur Haltung, die wir nicht nur feiern, sondern leben.