Halbe Sachen

Es ist Hochsommer. Die Sonne brennt, der Kopf brummt – und ich sitze an meinem Schreibtisch und träume vom Strand. Aber Meer und Meeresrauschen sind gerade einfach nicht drin. Ich schau mit Fernweh aus dem Fenster, bis mein Blick am großen Baum im Garten hängen bleibt. Oder genauer gesagt: An dem kühlen Schatten, den er wirft. Also fasse ich einen Plan: Wenn schon kein Urlaub, dann wenigstens ein bisschen so tun als ob. Ein Kaltes Getränk, ein gutes Buch und die Beine hochlegen. Sozusagen ein kleiner Kurzurlaub am Nachmittag – das müsste doch drin sein. Allerdings habe ich da die Rechnung ohne meinen Liegestuhl gemacht. Denn der hält offenbar nicht viel von halben Sachen.
Beim ersten Versuch ihn aufzuklappen hat er einfach gestreikt. Beim Zweiten Versuch ist er einfach wieder zusammengeklappt, als ich mich reinsetzen wollte. Und beim dritten Mal hab‘ ich mir richtig böse die Finger geklemmt. Ich geb’s zu: Ich hab geflucht wie ein Kutscher. Ich wollt doch einfach nur mal entspannen! Irgendwann habe ich es dann irgendwie geschafft, ihn zumindest halbwegs aufzustellen ohne einen Finger zu verlieren. Nicht perfekt – aber immerhin hat er mich ausgehalten ohne zusammenzubrechen.
Ich hab also endlich im langersehnten Schatten gesessen. Etwas schief, etwas vorsichtig – aber ziemlich glücklich. Und während ich da so gesessen und mein Buch gelesen habe, musste ich irgendwann einfach grinsen. Vielleicht braucht es gar nicht den perfekten Urlaub. Kein Meer, keine Flugreise, kein Fünf-Sterne-Feeling. Manchmal reicht schon ein Baum, ein Schatten, ein klappriger Klappstuhl und die Einsicht, dass auch eben doch auch halbe Sachen ein voller Erfolg sein können.