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Zu wenig Platz

„O, ich flipp‘ noch aus! Ich ertrag‘ es nicht mehr, dass wir uns so auf der Pelle hängen!“, so eine junge Frau zu ihrem Mann. Die Situation ist angespannt. Beide arbeiten von zu Hause aus, und so viel ist derzeit nicht zu tun. 24 Stunden gemeinsam in der kleinen Wohnung. Und jetzt ist der berühmte Tropfen ins Fass gefallen. Die beiden brüllen sich an, dass nur so die Fetzen fliegen. Am Ende reicht’s der Frau: „Ich dreh‘ jetzt besser mal `ne Runde, sonst werd‘ ich noch handgreiflich.“ 

Ich finde, das ist eine gute Idee – wenn’s so richtig brodelt, erst mal auf Abstand gehen. Wird übrigens schon in der Bibel empfohlen! Obwohl es da noch lange nicht so voll war auf der Welt. 

Die Geschichte führt uns 4000 Jahre zurück. Abraham ist mit seiner ganzen Familie auf dem langen, beschwerlichen Weg ins verheißene Land. Die Reise dauert Jahre. Endlich sind sie am Ziel. Aber der Platz reicht nicht. Immer wieder gibt es Ärger ums Weideland. Abraham setzt sich mit seinem Neffen zusammen: „Wir haben uns immer gut vertragen. Sollen wir das jetzt aufs Spiel setzen bloß wegen zu wenig Platz? Ich schlage vor: Wir trennen uns, bevor wir uns endgültig verkrachen.“ Und so machen sie es. Sie legen Raum zwischen sich, damit sie einander nah bleiben. Hört sich paradox an, aber es funktioniert. Abraham und sein Neffe bleiben sich verbunden.

Ebenso das junge Paar. Als die Frau zurückkommt – sie hat einen ordentlichen Gang durch den Wald hinter sich – ist sie deutlich „entfrustet“. Und er auch. Sie lachen und nehmen sich vor, zwischendurch mal auf Abstand zu gehen, damit sie sich nah bleiben.