Beiträge

Vergebung

Das Schlimmste, was ich meinen Feinden antun kann, ist, dass ich ihnen vergebe. Der Satz stammt von Tomas Borge aus Nicaragua. Folteropfer unter der Militärdiktatur, später dann Innenminister, als die Militärs gestürzt waren. Er will ihnen vergeben, den Menschen, die ihn zerstören wollten, seinen Willen brechen wollten. Sie haben ihn als lebendig Toten aus der Haft entlassen, gerade noch einmal ist er wenigstens mit dem Leben davon gekommen. Hinter ihm lagen die alltägliche Angst ums Überleben, die Demütigungen, die Schmerzen. Doch am Ende kam er raus, kam zurück ins Leben. Machte nach dem Sturz der Diktatur selbst Politik.

Als Minister wollte er ein anderes Land, friedlicher, mit Menschenrechten. Aber in diesem Land lebten eben auch die Folterer von früher. Oft unbehelligt, manchmal untergetaucht, ganz selten nur verurteilt für ihre Taten. Als Innenminister wäre es leicht für ihn gewesen, sie zu verhaften und seine ganz persönliche Rache an ihnen zu üben. Das hätte er sich zum Motto nehmen können. Aber Tomas Borge übte seine Rache anders aus. Durch die Macht der Vergebung. Genauer gesagt mit der Macht von dem, der anderen vergibt. Er hat darauf verzichtet, es ihnen heimzuzahlen. Frei nach der Bergpredigt, wo Jesus so verrückte Dinge vorschlägt wie: Liebe Deine Feinde! Oder auch, die andere Wange hinzuhalten, wenn man geohrfeigt wurde.

Die Macht der Vergebung. Bei Tomas Borge hat sie die Folterer beschämt, hat ihnen gezeigt, dass ihre Tat verwerflich war. Aber hat ihnen als Menschen die Chance gelassen, sich zu verändern und solche Verbrechen nie wieder zu begehen. Das Schlimmste, was ich meinen Feinden antun kann, ist, dass ich ihnen vergebe. Und gleichzeitig das Beste, was sie nach allem zu erwarten hatten.