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Süße Location

Eigentlich arbeiten Pfarrer ja nur sonntags eine Stunde.

Aber manchmal gibt’s Ausnahmen. Da müssen Sie zum Beispiel Paare trauen. Ist meistens samstags, also schön nah an der Kernarbeitszeit. Und meistens mit viel Vorlauf. Weil die modernen Paare generalstabsmäßig planen. Also alles kein Problem. Oder?

Es ruft zum Beispiel jemand an und sagt: Ich will am 9.9.2018 in Ihrer Kirche heiraten. Und dann müssen Sie sagen: Tut mir leid, aber am 9.9.2018 ist die Kirche schon belegt. Und damit fängt der Kuddelmuddel auch schon an. Das Brautpaar hat nämlich schon alles organisiert, die Einladungen sind gedruckt – mit Uhrzeit und Adresse der Kirche (für das Navi), das Restaurant ist gebucht, der Fotograf bestellt. Das kann ja wohl nicht wahr sein, dass die Kirche ausgerechnet an diesem Tag wegen eines Musikevents belegt ist! Da muss doch was zu machen sein! Leider nicht. Du zählst dem Paar andere Kirchen in der Umgebung auf, bietest an, für sie dort nachzufragen. Aber das Paar will unbedingt in diese eine Kirche und verlangt die Telefonnummer Deines Vorgesetzten.

Wenige Tage später meldet es sich wieder. Es hat eine geeignete Kirche gefunden, total süß gelegen, und auch nicht zu groß. Sie ist halt ein bisschen weiter weg. So ungefähr 60 Kilometer. Aber das ist ja heutzutage nicht mehr als ein Katzensprung.

Puh, alleine 120 Kilometer Fahrt, während in Deiner Kirche das von Dir initiierte Musikevent steigt. Was tun? Das Brautpaar will, wenn es schon nicht in der heimischen Kirche heiraten kann, doch wenigstens vom heimischen Pfarrer getraut werden – wo auch immer. Die Bands und Orchester zu Hause erwarten, vom gastgebenden Pfarrer begrüßt und vorgestellt zu werden. Alles nicht so einfach.

Das Paar hat inzwischen per Mail die Navi-Eingabe für die Gäste aktualisiert. Auch der Pfarrer hat netterweise die Adresse erhalten. Zu Hause vertritt ihn ein Kollege, der macht das.

Das Kirchlein ist wirklich entzückend. Die Umgebung märchenhaft. Es wird eine schöne Hochzeit. Alle sind gut drauf, das Paar ist happy, dass doch noch alles geklappt hat. Vierzehn Tage später kommt die Meldung vom Bürgeramt. Das Paar ist ausgetreten. Auch das gehört zu einem normalen Pfarreralltag.