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Stressiges Nichtstun

Ich finde, Langeweile ist eine ganz schön seltene Sache geworden. Seit Jahrzehnten hab‘ ich mich nicht mehr gelangweilt. Dabei finde ich das Wort an und für sich schon attraktiv: lange Weile. Heute ist alles nur noch kurz und schnell, man hat für gar nichts mehr genug Zeit. Es scheint, wir leben in einer Epoche der Atemlosigkeit.

Das Problem dabei: Wir haben uns so daran gewöhnt, dass sich Freizeit oder Urlaub fremd und irgendwie anstrengend anfühlen. Kein Wunder: Nichtstun will geübt sein! Nichts tun ist eine Kunst!

Leider gilt sie nicht mehr allzuviel. Denn wir sind auf Leistung gebürstet. Indizien finden wir reichlich in unserm Sprachgebrauch. Während man früher gerne mal einen Mittagsschlaf machte, geht heute höchstens noch ein klitzekleines Powernapping, so eine Art komprimierte Mini-Auszeit. Eine Krankenkasse empfiehlt: Am besten gegen 13 Uhr, so sechs bis zehn Minuten. Geht auch am Schreibtisch, einfach den Kopf drauflegen, eventuell mit Kissen. Und dann wird in Prozent angegeben, um wieviel besser du danach wieder funktionierst! Aber Achtung, nicht zu lange Power nappen, sonst wachst du womöglich schlaftrunken auf, das wäre nicht wünschenswert.

Schon verrückt, wie „Mittagsschlaf“ von „Powernapping“, auf deutsch „Kraft fangen“ abgelöst wird.

Ich hätte jedenfalls große Lust, mal wieder das Gefühl der Langeweile zu spüren. Ich hätte große Lust, mal wieder zu Faulenzen! Oder ist das inzwischen schon eine Straftat?

In der Bibel steht: Sechs Tage sollst du arbeiten. Aber am siebten Tag ist Ruhe. Find‘ ich ganz schön aktuell…