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Sterne über Rio

Eine der originellsten Fahnen ist die von Brasilien. Sie zeigt unter anderem den Sternenhimmel über Rio de Janeiro am Tag der Staatsgründung vor gut 130 Jahren. Der neue Staat sollte sich regelrecht im Himmel abbilden. Festgehalten für alle Zeiten auf der Landesflagge. Dass Himmel und Erde still stehen, ist dabei ein uraltes Motiv. Als könnte Gott und Mensch am unbarmherzig weiterdrehenden Rad der Zeit etwas verändern. Im Buch Josua in der Bibel stehen Himmel und Erde einen ganzen Tag lang still. Gott, so die Vorstellung, habe geholfen, die Schlacht zu gewinnen. Die Sieger verstanden das als ein Vorgriff auf das Paradies. Gott sorgt dafür, dass alles wieder so wird wie am Ursprung der Welt. Die Zeit anhalten – das wird zum Symbol für die gerettete Menschheit. Die Brasilianer werden vermutlich diesen Klassiker des Zeitanhaltens im Hinterkopf gehabt haben bei ihrer Staatsgründung. Ganz optimistisch hielten sie ihr neues Land für so einen Vorgeschmack auf das Reich Gottes auf Erden, ein Stück weit das neue Paradies. Mit dem Optimismus der damaligen Zeit wollten sie selbst dieses Paradies schaffen, alles unter dem Sternenhimmel von Rio, festgehalten, angehalten auf der Nationalflagge. Leider lässt das Paradies weiter auf sich warten. Damals bei Josua genauso wie in Brasilien. Aber der Traum lebt weiter, so, als würde irgendwann einmal die Zeit stehen bleiben und alles gut werden, paradiesisch einfach.