Siebenschläfer

Sie sind auf der Flucht. Es geht um Leben und Tod. Das wissen sie, die sieben jungen Männer, auch, dass Widerstand zwecklos ist. Für ihre Glaubenszugehörigkeit sollen sie hingerichtet werden. Und so verstecken sie sich in einer Höhle. Ihre Verfolger finden sie, doch sie betreten die Höhle nicht, nein, sie mauern den Eingang zur Höhle einfach zu – aus Angst vielleicht oder Sadismus!
Es erschreckt mich, dass die Heiligenlegende der „Sieben Schläfer“ so aktuell klingt und sich im Moment an vielen Orten auf der Welt ereignen könnte.
Häufig wird sie auf das Jahr 251 datiert und in Ephesus verortet. Laut Legende sterben die sieben jungen Männer jedoch keinen qualvollen Tod. Gott schenkt ihnen einen tiefen Schlaf, mehrere hundert Jahre lang, bis die Höhle wieder geöffnet wird.
Eine Legende, die von Glauben inmitten von Verfolgung erzählt und von wunderbarer Bewahrung über den Tod hinaus. Eine Geschichte, die im Christentum und im Islam verbreitet ist und in den Koran Eingang gefunden hat.
Als evangelische Christin stehe ich solchen Legenden kritisch gegenüber. In der Tradition, in der ich aufgewachsen bin, gibt es keine Heiligenverehrung, und ihr Schatz ist mir oft zu brutal verpackt. Doch gerade das ist heute ein Anknüpfungspunkt! Denn die Legenden erzählen, dass Gott trotz dieser Brutalität da ist, und von der Erfahrung, darin nicht allein zu sein. Sie erzählen davon, dass das Leben letztlich über den Tod siegt, auch wenn die sieben Jünglinge kurz nach ihrem Aufwachen sterben. So realistisch ist die Legende dann doch.
Heiligenlegenden halten den Gedanken wach, dass es Menschen gibt, die sich nicht davon abbringen lassen, an das Leben und die Liebe, an Gott zu glauben und dafür einzutreten. Sich nicht von Macht und Gewalt überwinden zu lassen oder in sinnloses Vernichtungs-Geplärre einzustimmen, selbst wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht. Heilige halt.
Morgen ist Siebenschläfertag. Ein Tag, der als richtungsweisend angesehen wird. Ein Tag, zu dem es viele Bauernregeln und eine Heiligenlegende gibt. Die Bauernregeln sprechen davon, wie in den nächsten sieben Wochen das Wetter wird. Die Heiligenlegende sagt, dass es eine Hoffnung gibt, die Gewalt überwindet.
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