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Sicher wohnen

Vierzig Jahre Wanderschaft. Vierzig Jahre unterwegs, ohne
feste Bleibe, ohne Sicherheit, ohne rechtes Ziel. So war das
damals, vor gut dreitausend Jahren, als die Israeliten aus
der ägyptischen Sklaverei flohen. Keine gute Zeit, obwohl
man doch endlich frei war. Aber was nützt die beste
Freiheit, wenn es nichts zu essen und trinken gibt. Wären
wir doch nur geblieben, dann müssten wir jetzt nicht
hungern, jammern die Menschen. Aber dann heißt es
endlich: Da, hinterm Jordan, das ist euer Land. Endlich ein
Ort, der ihrer ist: Da werdet ihr sicher wohnen.

Dieses sichere Wohnen ist zu Zeiten des Alten Testaments
ein wichtiger Begriff, obwohl das Nomadenleben damals
noch gang und gäbe war. Sicher wohnen: für uns aktuell
nicht mehr von Bedeutung, weil es so selbstverständlich
ist.

Während des Zweiten Weltkriegs und danach war das
anders. Umso bemerkenswerter, dass schon 1950, am 9.
Mai übrigens, sechs Länder den Grundstein zur
Europäischen Union legten. Heute sind es 28 Staaten.

Inzwischen schimpfen viele auf die EU,
Geldverschwendung, zu viel Bürokratie, Gängelei und und
und. Die zentrale Idee dahinter, nämlich die eines starken
Bündnisses für den Frieden, an die denkt kaum noch
jemand

Gerade mal fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten
Weltkriegs waren ein paar Politiker mutig genug, den
Feinden von einst entgegenzukommen. Warum? Weil sie
den Krieg erlebt haben, Wüstenwanderung, Elend, Tod.
Sie wussten, wie wichtig es ist, sicher wohnen zu können.
Das gelingt nur, wenn die Nachbarschaft sich vertraut. Hat
bisher ziemlich gut funktioniert. Wie lange noch, Europa?