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Selber Schuld

Wenn ich krank bin, dann hab ich „selber Schuld“. Kriege ich einen Herzinfarkt, dann hab zu viel getrunken, geraucht oder zu fett gegessen. Bei Krebs hab ich mich falsch ernährt oder irgendwelche seelischen Altlasten. Und beim Schlaganfall hätte ich mal besser auf den Blutdruck achten oder früher zum Arzt gehen sollen.

„Selber schuld!“ Das ist heutzutage die zynische Reaktion vieler Menschen, wenn sie hören, dass jemand schwer krank ist. Einer Krankheit, die im Grund jeden treffen kann.

Aber dieser Zynismus hat Tradition. Hiob, der brave Mann aus den Alten Testament kann ein Lied davon singen.

Schlimm genug, dass er erst seinen ganzen Besitz verliert, dann seine Kinder und schließlich auch noch selbst krank wird. Doch dann wollen seine Freunde ihm auch noch einreden, dass er an seinem ganzen Elend selber schuld ist. Doch Hiob wehrt sich. Er widerspricht. Zuerst bei den Freunden, dann bei Gott höchstpersönlich. Nein, er hat keine Schuld an seinem Elend, sagt er. Nicht mehr als andere Menschen auch.

Und fast noch mehr stört er sich daran, dass seine Freunde so von Gott denken. So, als bräuchten die Leidenden und Kranken auch noch die Besserwisser, die sagen: Selber schuld, wenn du krank bist.

Bis heute ist das so. Aber spätestens seit Hiob in der Bibel muss man sich das nicht gefallen lassen. Denn Kranke brauchen keine Tipps, was sie in der Vergangenheit besser anders hätten machen sollen. Sie brauchen Menschen, die gemeinsam mit ihnen nach Auswegen suchen. Brauchen Kraft, die Dinge so anzunehmen wie sie sind: Krankheit als Teil des Lebens und nicht Teil einer Schuld. Und sie brauchen darüber hinaus Gott als einen, der sie begleitet. Auch und gerade, wenns im Leben mal ganz Dicke kommt.