Segen frei Haus

„Du kannst dir ruhig einen mitnehmen, ich habe extra mehr bestellt!“
Meine Kollegin sitzt mir bei der Teambesprechung gegenüber und lächelt mich an. Sie zeigt auf drei graue Schnipsel, die in der Mitte des Tisches liegen, und ich erkenne es sofort: Sternsingersegen! Ein graues, langgezogenes Viereck. Wie eine kleine Tafel und wie mit Kreide draufgeschrieben: 20 – C -M – B – 25. Sternsingersegen – ich schmunzele, weil es schon Februar ist. Ich muss daran denken, dass die Sternsinger in diesem Januar in Homburg nicht überall einfach so geklingelt, gesungen und den Segen vorbeigebracht haben. Man hätte sie bestellen, sich für den Segen anmelden müssen – und das habe ich nicht gemacht. Und so hängt in diesem Jahr kein Segen über meiner Haustür: C-M-B: Christus mansionem benedicat – Christus segne dieses Haus.
Bei meiner Kollegin sind die Sternsinger auch nicht vorbeigekommen, und so hat sie den Segen im Internet bestellt. Segen frei Haus, sozusagen.
Ich überlege noch, ob man Segen überhaupt so einfach bestellen kann. Und ob in Zukunft vielleicht mein Postbote den Segen über die Tür klebt und was er dabei singen wird. Und ob Beten vielleicht eine andere Form von Bestellen ist oder Bestellen eine andere Form von Beten. Und ob mein Haussegen schief hängt, wenn ich den im Internet bestellten Segen selbst über die Tür klebe.
Und dann nehme ich einen der Schnipsel und stecke ihn in die Tasche.
„Das ist ja mega! Vielen Dank!“ sage ich zu meiner Kollegin und jenseits der Fragen zur Wirkung des Segens, finde ich es toll, dass Sie nicht nur Segen für sich bestellt hat, sondern dabei auch an die Kollegen und mich gedacht hat.