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Prinzip Hoffnung?

Bei jeder Zugfahrt sehe ich sie: Menschen, die unbeirrbar ihrer Hoffnung nachgehen – gegen jede Erfahrung und vernünftige Überlegung. Die Türen gehen zu, der Zug fährt an. Die meisten Sitzplätze sind besetzt. Also wandern diese Menschen durch den Zug, geduldig durch alle Abteile, auf der Suche nach dem Wunschplatz. Suchtrupps aus der Gegenrichtung beweisen eigentlich: Dort ist auch nichts Gescheites zu finden. Trotzdem! Sie ziehen weiter. Tatsächlich, das ist der Sieg der Hoffnung über den Verstand. Innerlich lache ich darüber.

Doch dann kommt irgendwann der Gedanke: Sollten so nicht eigentlich Christen sein? Hoffen auf Gott, obwohl der Menschenverstand manche Zweifel fast schon zur bösen Gewissheit werden lässt? Der Zweifel ist der Zwilling des Glaubens. So können das sicher auch viele überzeugte Christen sagen. Aber wo der Zweifel zur Verzweiflung zu werden droht, kann vielleicht überhaupt nur die Hoffnung weiter helfen. Dafür gibt es Gründe: Zu allen Zeiten und an allen Orten hat Gott sich zu erkennen gegeben. Er ist zu Menschen in eine Beziehung getreten, lange bevor sie es selbst bemerkt haben und akzeptieren konnten. Mag unsere Welt fehlerhaft und unvollkommen sein, unbarmherzig, ungerecht, friedlos. Gott ist gut und bleibt gut. Er ist und bleibt bei uns in guten und schlechten Tagen. Und das auch dann, wenn wir es nicht wahrhaben können oder wollen.

„Hoffnung (…) lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ So schreibt Paulus im Brief an die Römer. Hoffnung lässt mich darauf vertrauen, dass die unvollkommene Welt von heute nicht das letzte Wort hat. Bei solchen Aussichten kann ich übergangsweise auch mal auf einen Luxusplatz im Zug verzichten.