Premiumwege
Vor einiger Zeit bin ich zum ersten Mal auf einem Premium-Wanderweg gegangen. Unter einem „Premiumweg“ hatte ich mir eine breite, schattige, gut ausgebaute Strecke vorgestellt. Jetzt kraxelte ich in der prallen Sonne steile Anstiege hoch, balancierte vorsichtig an kleinen Bachläufen oder auf schmalen Pfaden an Waldsäumen entlang. Zeitweise war es echt anstrengend.
Aber hinter jeder Wegbiegung, nach jeder Steigung erwartete mich ein besonderer Ausblick, eine überraschende neue Perspektive auf die Landschaft. Logisch: Nur besonders abwechslungsreiche und interessante Wanderwege werden als Premiumwege ausgezeichnet. Immer nur geradeaus ist doch langweilig!
Im Matthäus-Evangelium heißt es sinngemäß, dass der Weg zur Hölle breit, aber der zum Himmel schmal und schwer zu finden ist (Matth. 7,13-14)[1]. Da hat ein guter Wanderweg etwas mit einem guten Lebensweg gemeinsam. Schließlich geht es im Leben nicht immer nur auf glattem Asphalt geradeaus. Da kommt man auf unebenem Grund auch mal ins Stolpern und an einem steilen Hang aus der Puste. Aber so ist es doch viel besser, finde ich. Jedenfalls, solange die Steigungen sich noch bewältigen lassen und die Abhänge nicht zu steil sind.
Einen wichtigen Unterschied gibt es aber auch: Auf dem Wanderweg zeigt uns die Beschilderung, wo es langgeht. Wo wir von der breiten Straße abzweigen müssen, um einen spannenden Trampelpfad zu nehmen. Im Leben müssen wir selbst entscheiden, wie wir das Ende der Strecke am besten erreichen. So ein Trampelpfad kann nämlich eine Abkürzung sein, aber auch in die Irre führen. Die Wegweiser für unser Leben müssen wir uns schon selber suchen.
[1] Geht durch das enge Tor! Denn das Tor ist weit, das ins Verderben führt, und der Weg dahin ist breit und viele gehen auf ihm. Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng und der Weg dahin ist schmal und nur wenige finden ihn.