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Paradise

Lebenszeit ist kostbar – gerade, weil sie begrenzt ist. Auch in Paradise, dem Netflix-Film mit Staraufgebot. Dort wird Lebenszeit zur Handelsware. Als Verschiebemasse von Mensch zu Mensch. Sogar als Strafe kann man sie einsetzen – schnell lässt die Bank von den Schuldnern mal Lebenszeit pfänden. Eben mal 20 Jahre auf einen anderen Menschen übertragen und die Schulden sind getilgt. Aber es ergeben sich auch noch ganz andere Möglichkeiten. Flüchtlinge können ihre Flucht finanzieren, Studierende finanziell entspannt ihr Studium absolvieren oder für zwei drei gespendete Jahre hat man einfach ein bisschen mehr Geld für Luxus. Im Film kämpfen die Helden tapfer gegen diese Form der Unmenschlichkeit. Sie retten die Menschheit vor einem Verfahren, das man gelinde gesagt als sittenwidrig bezeichnen könnte. Trotzdem, bei aller Empörung: das System gibt es in anderer Form längst. Zwar ist Lebenszeit nicht käuflich in Jahren, aber eben anders. Lebenschancen hängen an Wohlstand, an guter Ernährung, an der Möglichkeit, ein Luxusleben zu führen. Das können heute einige Wenige auf der Welt. Die Masse der Armen – und wir reden von über 90 Prozent – bleibt davon aber dauerhaft abgeschnitten. Paradise gibt es nur für wenige. Was ein Glück, dass ich in diesem Land lebe, denke ich mir. In einem Land, das noch auf der Paradise-Seite der Welt liegt. Mit dem schlechten Gewissen, von einer ungerechten Welt zu profitieren. Auch, was die Lebenszeit angeht. Der Film legt den Finger in eine Wunde dieser Welt – im Bewusstsein, dass es so nicht bleiben kann.