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Oh mein Gott!

Ich gehe an einem sonnigen Samstag durch die Innenstadt. Überall wuseln Menschen, geschäftiges Einkaufen, am Brunnen sitzen Kinder und schlecken Eis. Plötzlich hinter mir ein lautes und aufgeregtes „Oh mein Gott, das ist geil! Oh mein Gott, wie ich mich fühl!“ Ich drehe mich um und sehe einen jungen Mann, der mit großen Gesten telefoniert. Immer wieder ruft er diese Sätze ins Gerät und unterstreicht sie mit ausholenden Handbewegungen.

Ich kenne den Mann nicht, weiß nicht, mit wem er telefoniert und weiß auch nicht, worum es geht. Aber „Oh mein Gott!“ – in großer Erregung – das bleibt mir hängen. Ich frage mich: „Was beschäftigt ihn so, bringt ihn so in Aufregung, dass er zwei-, dreimal >Oh mein Gott!< ruft?“

Vielleicht sagen Sie jetzt: „Oh mein Gott!“ – was ist denn daran Besonderes? Warum macht der im Radio sich darüber solche Gedanken? Das sagen wir doch auch. Das ist doch ganz normal.

Ganz normal? Ja wahrscheinlich. Aber ich bin Pfarrer. Und mir fällt es auf, wenn Menschen solche Worte gebrauchen. Es ist für mich nichts Besonderes mehr, das zu hören. Aber ich selbst bin sehr vorsichtig, solche Worte zu gebrauchen. Denn „Oh mein Gott“ – da spreche ich eine Macht an, etwas, das für mich besonders ist, einzigartig, nicht greifbar, gleichzeitig nah und fern, vertraut und fremd.

Ich weiß nicht, wie das Gespräch des jungen Mannes weitergegangen ist. Ich erinnere mich, dass er fröhlich und aufgeregt war. Deshalb wünsche ich ihm, dass das „Oh mein Gott!“ ihn durch den Tag getragen hat.