Neues Ritual

In Aschaffenburg sind bei einem Messerangriff auf eine Kita-Gruppe ein zweijähriger Junge und ein 41jähriger Mann getötet worden.
Drei weitere wurden schwer verletzt, darunter ein zweijähriges Mädchen.
Der Täter: ein psychisch auffälliger afghanischer Flüchtling.
In der Folge geht auf den Social-Media-Kanälen der Ausschnitt einer 40 Jahre alten Rede viral. Der CSU-Politiker Franz Josef Strauß beschreibt darin das schaurige Ritual, das sich nach so einer Tat oft vollzieht:
1.Akt: Es passiert ein schreckliches Verbrechen.
2. Akt: Bestürzung und Empörung.
3. Akt: Ruf nach harten Maßnahmen.
4. Akt: Warnung vor Überreaktion.
5. Akt: Gar nichts.
6. Akt: Übergang zur Tagesordnung.
„Zur Tagesordnung übergehen“ bedeutet: Es geht weiter wie gewohnt. Das bereits festgeklopfte Programm wird durchgezogen. Um ein neues, ungeplantes Thema kümmert sich niemand weiter. Es wird nicht mehr erwähnt, man kehrt zum Alltag zurück.
Aber genau das können einige von uns nicht mehr.
Nämlich die, die vom 1. Akt, dem schrecklichen Verbrechen, unmittelbar getroffen sind. Wer einen geliebten Menschen – womöglich sein Kind – verloren hat, für den ist nichts mehr wie es war.
Ich bin selbst Mutter eines zweijährigen Sohnes und frage mich: Wie geht es jetzt den Familien der Opfer?
In den Medien haben sich schnell die Stimmen in den Vordergrund gedrängt, die die Tat für ihre Zwecke instrumentalisieren.
Und im schrillen Hin und Her der verschiedenen Lager, da gehen die Trauer, die Wut und der Schmerz der Angehörigen leider allzu leicht unter. Das mag einer der Gründe sein, warum im 5. Akt so oft „nichts“ passiert, und am Ende alle so tun, als sei nichts gewesen.
Dabei glaube ich: Es gibt auch einen anderen Weg, in der Öffentlichkeit mit solch einer Tat umzugehen.
Wo also sind die besonnenen, ruhigen Stimmen, die sich nicht nur gegenseitig übertönen? Die analysieren, was da passiert ist – und entsprechend handeln.
Nach einem neuen Ritual:
1.Akt: Es passiert ein schreckliches Verbrechen.
2. Akt: Anteilnahme.
3. Akt: Nach geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen suchen.
4. Akt: Entscheidungen treffen.
5. Akt: Versöhnung.
6. Akt: Übergang zu einer neuen Tagesordnung.
Mit so einem Ritual stehen wir als Gesellschaft hinter den wirklich Getroffenen. Um ihnen den Rücken zu stärken. Und um für uns alle etwas zu verändern. Zum Guten!
Hier der Link zur ARD-Mediathek: https://www.ardmediathek.de/video/aus-christlicher-sicht/aus-christlicher-sicht-06-02-2025/sr/Y3JpZDovL3NyLW9ubGluZS5kZS9BQ1NfMTQ5OTMw