Lichter
Derzeit lohnt sich ein Blick an den Himmel. Seit vorgestern kann man nämlich wieder Sternschnuppen sehen. Ein kurzes Aufglühen am Nachthimmel, so überraschend wie ein Glücksmoment – seit meiner Kindheit bin ich fasziniert davon. Ein Wunsch, der beim Anblick einer Sternschnuppe sofort ausgesprochen wird, geht angeblich in Erfüllung. Gern denk ich mir heute noch was aus, wenn ich zufällig das Glühen am Himmel bemerke. Für mich ein Kindheitsrest.
Dem Glauben an Sternschnuppen als Wunscherfüller steht die nüchterne Wirklichkeit entgegen. Sie sind kosmische Staubwolken, die Reste eines Kometen. Wenn sie die Erdbahn kreuzen, verglühen Teilchen in unserer Lufthülle. Trotzdem: Woher kommt die Neigung, Lichtern, die in der Dunkelheit leuchten, eine Bedeutung zu geben? Es ist unsere angeborene Furcht. Im Finsteren haben wir keine Orientierung, keine Kontrolle, es lauern Gefahren. Nachts, nach dem Aufwachen, suchen wir den Lichtschalter. Adventskerzen ziehen heute noch manche in ihren Bann, wenn es dunkel wird, draußen und im Haus. Es zieht uns zum Licht.
Licht bedeutet: Orientierung, Vertrautes um sich haben, Wärme, Sicherheit. Nur im Hellen ist unser Leben möglich. Wir spüren das. An Heiligabend ziehen die Hirten und Weisen aus dem Morgenland einem Stern hinterher, der sie zum Heiland führt. Ein Himmelslicht überstrahlt die Winternacht. Frühere Epochen sprachen gern von Zeichen am Himmel, die von göttlichen Absichten kündeten. Meist wurde Gutes erwartet. Auch wenn wir heute an solche Zeichen längst nicht mehr glauben, wir spüren noch die machtvolle Symbolik: Licht – aus der Mitte der Finsternis. Manchmal kann uns so ein Leuchten dem Gottesreich näher bringen als manche Predigt.
Die Lichter auf Erden, die uns jetzt leuchten, haben ihren Zauber. Und sei es durch einen Gedankenblitz, wenn wir einmal innehalten, zuhause in einer ruhigen Minute, wenn der Adventskranz brennt. Es sind kostbare Momente, seltene Lichtspuren im Dunkel unserer Zeit.