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Keine Angst vor Abschaum

Vorm Einkaufsmarkt sitzt ein alter Mann, der auf einer Ziehharmonika spielt. Seine Kleider sind angeschmuddelt, sein Gebiss lückenhaft. Vor ihm steht der obligatorische Hut.

Eine Gruppe Jugendlicher geht vorbei. Kaum außer Sichtweite empören sich die jungen Leute. Denn sie haben beobachtet, dass dieser Mann jeden Abend in sein Auto steigt und wegfährt. Wie kann es sein, dass so ein zerlumpter Bettler ein Auto haben kann? Gut, es ist schrottig. Aber: Wer bettelt, kann doch kein Auto besitzen, oder? Sie regen sich furchtbar auf. Sowas passt einfach nicht in ihr Weltbild. Sie missbilligen, dass da einer was hat, was ihm, ihrer Meinung nach, nicht zusteht.

Auch Jesus hätte dazu eine klare Meinung. Ihm selber passiert es oft, dass er Leuten begegnet, die in der Gesellschaft kein Ansehen haben. Eine ganze Geschichte handelt von so einer Randexistenz, der es nicht gelingt, zu Jesus durchzudringen. Also klettert der Mann auf einen Baum. Von dort oben kann er Jesus sehen. Er sieht ihn auch, was natürlich alle Umstehenden verärgert. Als Jesus dann auch noch sagt: „Zeig du mir mal dein Zuhause!“, platzt den Leuten der Kragen. Ausgerechnet bei diesem kleinen Halunken will er einkehren! Bei diesem moralisch fragwürdigen Subjekt! Jeder andere wäre als Gastgeber geeigneter gewesen! Aber Jesus bekommt davon gar nichts mit und geht mit dem Zaungast, oder besser Baumgast, in dessen Haus. Denn er weiß genau, was ein Vorschuss an Freundlichkeit und Entgegenkommen so alles bewirken kann. Wenn Jesus den Menschen so begegnet, holt er das Beste aus ihnen raus.

Der Mann mit der Ziehharmonika und dem kleinen schrottigen Auto ist kein Halunke. Er gibt sein Bestes. Er macht Musik. Und wer ihm was gibt, wird freundlich gegrüßt, immer wieder.