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In die Augen statt auf den Kopf

Häuser, Straßen, Bäume, Seen und Meere – im Internet kann ich mir fast die ganze Welt von oben angucken. Ich brauche einfach nur den Mauscursor an die richtige Stelle zu bewegen, dann zu klicken oder auf dem Bildschirm rauf- und runterzuscrollen. Das heißt: hin- und herzublättern.

Auf diese Weise entführt mich der Computer auf dem Bildschirm dann nicht nur in Nachbarorte, sondern auch nach Berlin, ans Mittelmeer und sogar bis nach Australien. Je mehr Fenster ich im Internetbrowser öffne, an desto mehr Orten kann ich gleichzeitig sein. Ich gebe zu – das ist durchaus reizvoll. Ich gucke mir zum Beispiel meine Urlaubsorte gerne mal aus der Luft an. Entweder vorab, zur Einstimmung, oder auch nach dem Urlaub, sozusagen als Erinnerung an die schöne Zeit. Und auch über meine Heimatstadt fliege ich ab und an mal per Mausklick hinweg.

Solange das alles in diesem Rahmen bleibt, finde ich das auch völlig in Ordnung. Aber: Es liegt eine Gefahr darin. Denn wenn ich mir die Welt immer öfter nur noch aus der Vogelperspektive angucke, dann verliere ich im wahrsten Sinne des Wortes den Bodenkontakt. Dann lebe ich sozusagen auf meiner eigenen kleinen Wolke und gucke der Welt und damit vor allen Dingen auch meinen Mitmenschen immer häufiger nur auf den Kopf. Und nicht mehr ins Gesicht. Dann sehe ich immer seltener in die Augen meines Gegenübers und daher auch nicht mehr dessen Glück oder dessen Trauer. Dann kann ich mich nicht mehr mit ihm freuen und auch nicht mehr mit ihm leiden.

Über kurz oder lang werde ich auf diese Weise sehr einsam sein. Und genau das soll nicht sein. Denn – so sagt Gott in der Bibel: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Als Mensch brauche ich andere Menschen um mich herum. Auch wenn ich nicht alle gleich gut leiden kann – ich brauche die Gemeinschaft, die sie mir geben. Aber die entsteht nicht schon dadurch, dass ich in demselben Ort, demselben Land und auf demselben Planeten wie sie lebe. Echte Gemeinschaft entsteht nur dort, wo ich meine Mitmenschen wahrnehme und sie mit mir dasselbe tun. Ein absolutes Muss dafür ist der Blick für den anderen. Und zwar nicht von oben auf den Kopf. Sondern der Blick von vorne. Direkt in die Augen!