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Ich, ich, ich

„Ich, ich, ich…“ Die drei Geschwister umringen die Oma, ja, führen regelrecht einen Tanz um sie auf. Alle recken den Finger hoch, oder gleich beide Hände, denn je mehr die eine den anderen verdrängt, abdrängt, desto besser. Alle wollen – lautstark – … ich, ich, ich! Kinder können so erfrischend selbstbewusst sein, ihre Bedürfnisse in die Mitte stellen, in den Vordergrund schreien. „Ich, ich, ich…“ Einfach wunderbar.

Als Jugendliche habe ich gelernt, dass der Esel sich immer zuerst nennt und habe aufgehört, ein „ich“ an den Satzanfang zu stellen, wenn noch jemand anderes mitgenannt wird. Als höflicher Mensch nennt man den anderen immer zuerst. Komisch, dass mir das zuerst einfällt, als ich in der Bibel lese und beim Propheten Jesaja über diesen Satz stolpere: Ich, ich bin der Herr, und außer mir ist kein Heiland. Und schon mutiere ich zur Oberlehrerin, die Gott gerade mal eine Lektion Anstand beibringen könnte.

Bis …, ja, bis ich weiter lese und einsehe, dass es genau darum geht. Dass es eben keinen anderen gibt! Keinen Gott außer Gott. Außer Gott ist kein Heiland. Unsere menschlich höflichen Anstandsregeln gelten hier nicht und wahrscheinlich vieles andere, was uns so wichtig und richtig erscheint, auch nicht. Ich bin’s – und sonst keiner, sagt Gott. Eigentlich ganz einfach. Und einfach erfrischend wunderbar.