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Funkloch

„Hallo?“ „Hallo?“, fragend schaut die Frau neben mir im Zug auf ihr Handy. Eine ganze Weile hat sie schon telefoniert. Sie hat sich ausgetauscht – worüber könnte ich noch nicht einmal sagen, denn ich habe mich auf mein Buch konzentriert und versucht, das lästige Gespräch nebenan auszublenden. Doch plötzlich stockt der Gesprächsfluss und die zuvor gleichbleibende Flüsterstimme wird lauter. Die Verbindung scheint einfach mittendrin abgerissen zu sein. „Hallo? Hörst du mich noch?“ Die Frau schaut von ihrem Handy hoch und lächelt mich an: „Funkloch!“, entschuldigt sie ihr lautes Rufen und versucht ihrem Telefon eine erneute Verbindung zu entlocken. Ohne Erfolg!

Das kenne ich gut, denke ich. Und mir fallen spontan unzählige Male ein, bei denen ich einfach die Verbindung zu anderen verloren habe. Einfach so, mitten drin, am Handy. Du sprichst noch weiter und der andere antwortet einfach nicht mehr. Aber manchmal passiert das auch mitten im Leben, durch einen Umzug oder einfach nur durch Desinteresse oder Zeitnot. Und manchmal, da braucht es noch nicht einmal das: Da reicht ein falsches Wort zur falschen Zeit und eine Verbindung reißt ab.

Selbst mit Gott geht es mir manchmal so. Eben bin ich noch im Gespräch mit Gott, fühle mich angenommen, so wie ich bin, ohne mich verbiegen zu müssen. Ich fühle mich geliebt und stark genug, Liebe weiterzugeben. Und im nächsten Moment scheint die Verbindung einfach abgerissen zu sein und ich falle in Muster zurück, die ich längst überwunden hatte, dachte ich auf jeden Fall. Ein schwarzes Loch tut sich auf, ein Funkloch, mitten im Leben. „Hallo? Ich kann dich nicht mehr hören!“ Eine Verbindung lässt sich dann nicht erzwingen. Auch wenn ich es mir noch so wünsche oder dringend bräuchte!

An der nächsten Station steht die Frau auf, um auszusteigen. Ihr Handy hält sie noch in der Hand. Bevor der Zug anhält und die Türen sich öffnen, klingelt es. Ihr Blick ist voll Freude und Erleichterung.„Hallo, schön, dass die Verbindung wieder steht!“