Die Pinkelfliege
Mit der Pinkelfliege hat alles angefangen. Wer sie nicht kennt- vor allem Frauen könnten jetzt mit den Schultern zucken – dem sei gesagt: Die Pinkelfliege ist ein kleines Fliegen-Bildchen im Pissoir auf der Herrentoilette. Erfunden von findigen Holländern, die sich die Psychologie des Mannes zu Nutze gemacht haben. Denn die meisten Männer hatten den Ehrgeiz, die Fliege zu treffen.
Das Ergebnis: die Reinigungskosten für die Urinale mit Fliege sind erheblich gesunken. Denn natürlich wurde die Fliege so platziert, dass am wenigsten rausspritzt.
Inzwischen hat auch die Politik diese Masche entdeckt. Die Bundesregierung hat entsprechende Referenten eingestellt. Mit kleinen psychologischen Anreizen sollen die Bürger animiert werden zu Sachen, die sich die Politiker wünschen. Nudging – so der Fachausdruck. Auf deutsch: Anstupsen. Die Grenzen zur Manipulation sind dabei aber natürlich fließend.
Der große Vorteil des Nudging: Wenns klappt, braucht man weniger Vorschriften und Gesetze. Die Leute tun dann was die Regierung von ihnen verlangt, aus Überzeugung. Im Grunde ist das gut biblisch. Fast. Denn Jesus wollte zwar weg davon, bestimmte Dinge nur deshalb zu tun oder zu lassen, weil bestimmte religiöse Vorschriften das so wollen. Aber Jesus hat auf Phantasie und Freiwilligkeit bei den Menschen gesetzt. Seine Idealvorstellung war, dass freie, selbst denkende Menschen die Welt gestalten.
Mit der Pinkelfliege und Co. dagegen werden sie aber auf eine Weise reingelegt. Bei allem guten Zweck, der dahinter steht: Das geht mir dann doch zu weit. Oder, um im Toilettenbild zu bleiben: Das schlägt mir auf den Magen!