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Das leere Kreuz

Sein Name war Georg Heisler. Er hätte auch tausend andere Namen haben können. Aber die Schriftstellerin Anna Seghers hat sich in ihrem Roman „Das siebte Kreuz“ für diesen entscheiden. Georg Heisler. Einer derjenigen, die 1933, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten abgeholt werden. Tausende sind es, die in die hastig errichteten Konzentrationslager gebracht werden. Einem von ihnen hat Anna Seghers in ihrem Roman „Das siebte Kreuz“ eine Geschichte gewidmet. Es muss die Hölle auf Erden sein in diesen Konzentrationslagern. Georg Heisler ahnt, was ihm und seinen Mithäftlingen bevorsteht. Ausgeliefert, gedemütigt, vielleicht sogar umgebracht. Doch dann, wie durch ein Wunder, gelingt ihm die Flucht. Er schlägt sich bis nach Mainz durch. Dort, in der ersten Nacht, versteckt er sich im Dom. Finster ist es. Durch eines der Seitenfenster fällt ein schwacher Schein. Vielleicht Licht aus einem der Häuser gegenüber, vielleicht von einer Wagenlaterne…

Ein kleiner Lichtstrahl, der ihm plötzlich Hoffnung gibt. Der reinscheint in die Dunkelheit seines bedrohten Lebens. Bibelverse zu Licht und Hoffnung laufen plötzlich vor seinem inneren Auge vorbei: Die Herrlichkeit des Herrn geht auf über Dir. Oder: Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker.

Licht kommt in die Welt. Klein, unscheinbar. Die alten Worte der Bibel machen Mut. Selbst in der tiefsten Dunkelheit meines Lebens gibt es so was wie Licht, Hoffnung, Leben. Und tatsächlich entkommt Heisler seinen Verfolgern. Ein Kreuz, das ihm die Nazi-Mörder im KZ schon gerichtet hatten, wird leer bleiben.

Ein kleiner Lichtstrahl war der Anfang. Prophetisch, himmlisch. Für Heisler der Anfang eines neuen Lebens, mitten in den schrecklichen Momenten seiner Flucht.