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An einem Tisch

„Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst…!“

Der Blick des Vaters ist streng. Angestrengt. Der Blick des Sohnes hält trotzig dagegen. Die Argumente sind längst ausgetauscht und der Abendbrottisch wird zur Krisenzone.

Die Positionen sind klar und vor allem verhärtet. Keiner will nachgeben oder noch schlimmer: klein beigeben. Und ganz schnell geht es nicht mehr um Inhalte – ging es vielleicht sogar nie – sondern um Macht und Durchsetzungsvermögen. Und da kann ein Tisch noch so rund sein.

Und trotzdem hat einer das Gefühl, über den Tisch gezogen zu werden. Eine andere weiß nicht genau, was unter dem Tisch noch so abläuft. Und mit offenen Karten will eigentlich niemand so richtig spielen. Jedenfalls nicht ohne Not oder Druck: „Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst ….“

Tischgemeinschaft hat eine lange Tradition und steht auch am Anfang der christlichen Gemeinschaft schon vor 2000 Jahren. Tischgemeinschaft bildete den Mittelpunkt der jungen Bewegung und war von Anfang an alles andere als spannungsfrei. Es wird auch gestritten und die Frage nach dem Vorsitz gestellt. Es wird gerungen um Ehre und Scham, worauf man stolz sein darf und für was man sich schämen sollte. Es geht auch dort um Koalitionsverhandlungen und Verrat. Wer kann mit wem und wer eher nicht.

Und doch kommt noch etwas hinzu, sitzt jemand sozusagen mit am Tisch. Einer nämlich, der nicht einfach aufspringt und die anderen sitzen lässt, wenn es ihm nicht mehr passt.

Eine, die nicht auf ihr Vorrecht pocht, sondern die Ängste und Sehnsüchte der anderen wahr- und auch ernstnimmt. Ein Mensch, der seinen Freundinnen und Freunden etwas zutraut und Gott als dem Ursprung allen Lebens vertraut.

Eine Idee vom Teilen – des Leichten und des Schweren, des Weins und des täglichen Brotes, eine Idee vom Teilen – der Aufgaben und Herausforderungen, die vor dieser Gemeinschaft liegen.

„Wann immer ihr an einem Tisch sitzt, erinnert euch daran.“ So hat er zu den anderen gesagt und gemeint: Solange ihr eure Füße rund um meinen Tisch stellt, seid Ihr Teil einer Gemeinschaft, in der niemand aufgegeben oder allein gelassen wird und es tatsächlich um Inhalte geht, die die Welt bewegen.

Sie können das Video zum Beitrag unter der folgenden Adresse anschauen:

https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=107996