Da zieht es einem die Schuhe aus
In der Schule erzähle ich die Geschichte von Mose am brennenden Dornbusch. Das tue ich in der Ich-Perspektive. Und langsam denken manche schon, dass ich wirklich Mose bin. Gerade bin ich bin an der Stelle angekommen, wo der brennende Dornbusch, also Gott, sagt: »Zieh deine Schuhe aus! Du stehst auf heiligem Boden.« Da fangen plötzlich alle in der Klasse an zu lachen.
Ich frage in der Rolle des Mose verwirrt: »Warum lacht ihr denn alle?« »Na, weil du dir die Schuhe ausgezogen hast. Was ist, wenn du Stinkefüße hast?« Als Mose antworte ich: »Ich glaube, das ist Gott egal.« und setze die Geschichte fort.
Dass das für Kinder natürlich witzig ist, ist mir klar. Aber die Schüler haben etwas Wichtiges wahrgenommen. Es ist beeindruckend, wenn ich Gott im alltäglichen Durcheinander begegne. Mose ist das so passiert. Es mag zwar komisch sein, aber wenn man Gott begegnet, dann zieht es einem die Schuhe aus.
Später in derselben Stunde stelle ich mir als Mose die Frage, was ich machen soll: Gott gehorchen oder in Sicherheit bei meiner Familie bleiben? Da sagt ein Junge: »Aber du hast deinen Auftrag doch von Gott. Da musst du doch gehen!« Und am Ende der Stunde sagt er mir das noch einmal: »Mach, was Gott dir gesagt hat.« Der Witz an der Sache ist, dass ich selbst gerade vor einer komplizierten Entscheidung in meinem Leben stehe. Mit den Worten des Schülers habe ich das Gefühl, einen Hinweis für meine Entscheidung bekommen zu haben. Das zieht mir dann schon die Schuhe aus.
Am Ende bin ich etwas unschlüssig, was ich mit diesen Erlebnissen anfange. Ein bisschen wie Mose frage ich mich dann: »War das echt oder nur eine Wahrnehmungsstörung?« Es hilft nichts: Ich muss dann doch die Schuhe wieder anziehen und weiter in ihnen durchs Leben laufen. Aber für einen kurzen Moment, ohne Schuhe, habe ich eine Ahnung bekommen, was wichtig ist: Offen zu sein für ein Wort von Gott im Durcheinander des Alltags.