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Neuschwander-Allee

Bin ich froh, dass nach mir keine Straße heißt und wohl auch nie heißen wird. Nicht nur, weil mein Name viel zu lang wäre für die armen Anwohner. Sondern auch, weil man ja offensichtlich ein ziemlich guter Mensch gewesen sein muss für eine solche Ehre. Denn überall werden gerade Straßen wieder umbenannt. Grund: die Namensgeber sind aus heutiger Sicht in Verruf geraten und sollen weg. Bei Alt-Nazis ist das keine Frage, und längst gibt’s in Deutschland auch keinen Adolf-Hitler-Platz mehr. Auch Rassisten und Militaristen sind out. Namensgeber sollen Vorbilder sein, am besten makellos, auch heute noch. Aber wie makellos? Ich wäre wahrscheinlich raus. Denn so perfekt ist mein Leben nicht gelaufen. Brüche, Fehler, andere auch mal beleidigt und mies behandelt. Zum Glück hat es in meiner Jugend noch keine sozialen Netzwerke gegeben – sonst könnten Sie´s jetzt gleich mal googlen.

Perfekte Menschen auf die Straßenschilder? Da wäre schon Jesus misstrauisch geworden. Für ihn war jeder Mensch angewiesen auf Gottes Vergebung, keiner perfekt. Kehrt um, ändert euer Leben und hofft nicht darauf, dass sie euch aufs Straßen-Schild heben. Also nur noch Amselweg oder Buchenstraße? Nein, das ist langweilig und auch keine Lösung. Vermutlich wäre Jesus überraschend locker mit Namen auf den Straßenschildern, gern als Vorbild-Menschen, mit beeindruckenden Leistungen, aber eben als Menschen, mit allen Schwächen, Abgründen und Fehlern. Wer weiß, vielleicht sehen ja genau so richtige Vorbilder aus.