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Lebendiger Advent

Auf dem Weg durch mein Viertel sehe ich ein improvisiertes
Schild. Handgeschrieben, laminiert und dann an den
Laternenmast geklebt. Ich schaue etwas genauer hin, denn hier
wird nicht etwa eine entlaufene Katze gesucht. Hier lädt mich
jemand ein.

„Kommt zu uns am 12. Dezember um sieben“, steht auf dem verregneten
Blatt. „Kommt zum Wendehammer nebenan. Wir öffnen
unsre Tür vom lebendigen Adventskalender.“

Der lebendige Adventskalender, das ist eine Aktion der Kirchen
in vielen saarländischen Gemeinden. Noch bis zum kommenden
Sonntag treffen sich Nachbarn, Freunde und Fremde vor privaten
Häusern oder sozialen Einrichtungen. Die Gastgeber lesen eine
Geschichte vor, ein Gedicht oder Gebet. Zwei, drei Adventslieder
werden gesungen, und danach lernt man sich kennen, bei Kinderpunsch
und Glühwein, Plätzchen oder Kuchen.

Ich folge der Einladung und gehe am 12. Dezember zum
Wendehammer. Trotz Kälte und Nieselregen finden sich gut
zwanzig Leute ein. Viele Nachbarn, aber nicht alle kenne ich. Vor
dem hell geschmückten Haus dampft schon mal der Einkocher. In
einem Fenster leuchtet eine große Zwölf aus Transparentpapier.
Dass ich die vorgelesene Geschichte schon kenne, ist egal. Und
dass die Lieder, die wir singen, nicht ganz gerade klingen -
geschenkt.

Was zählt, ist der Moment. Hier kommen Fremde miteinander
ins Gespräch. Die Getränke wärmen. Man teilt die Vorfreude auf
schöne Weihnachtstage und bringt ganz nebenbei etwas Licht in
den Alltag so mancher, die oft allein sind.

Auf dem Heimweg denke ich: das war Kirche. Wir waren Kirche.
Ganz ohne Orgel, Glocken oder Pfarrer. Christus sagt: Wo zwei
oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten
unter ihnen. Auch beim lebendigen Adventskalender. Und den
gibt’s noch - wie gesagt - an vielen Orten bis zum nächsten
Sonntag.