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‚68‘ und die Folgen – 50 Jahre danach

„Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt…“ – die ehemalige DDRNationalhymne
drückte genau das Lebensgefühl meiner Generation aus: Wir
waren Ruinenkinder mit frühkindlichen Erinnerungen nach 1945 an Hunger und
Kälte. Zudem waren wir auch die vaterlose Generation: Viele von uns – wie
auch ich – waren Kriegswaisen!

Diese Erfahrungen sind der Hintergrund, vor dem ich als Student die Revolution
des Jahres 1968 erlebt habe. 50 Jahre ist das mittlerweile her. Das allgemeine
Urteil über ‚68‘ und die Folgen pendelt heute noch zwischen Verklärung und
Verdammung. Viele Kommilitonen und ich wollten damals eine andere Welt als
die unserer Eltern. Wir fragten sie: „Wie konntet Ihr das Dritte Reich zulassen?
Was war Euer persönlicher Anteil daran? Auf diese Fragen bekam auch ich, wie
viele andere, keine Antwort!

Unsere Politisierung in der APO, der Außerparlamentarischen Opposition, war
daneben auch bestimmt durch den Kampf gegen den Vietnamkrieg der USA
und die Ausbeutung der Dritten Welt durch den Kapitalismus. Dazu kam unser
Widerstand gegen die reaktionäre deutsche Politik, für uns sichtbar in der
Militarisierung und zuletzt 1968 in den Notstandsgesetzen.

Andererseits gab es aber auch in der John F. Kennedy-Ära der frühen 60er
einen politischen Hoffnungsschimmer, jäh beendet durch die Attentate auf den
amerikanischen Präsidenten und dann ‚68‘ auf Martin Luther King, Rudi
Dutschke und Robert Kennedy . Das alles hat zu unserer Radikalisierung in der
Studentenbewegung beigetragen!

Aber ‚68‘ kam nicht aus dem Nichts: Die 50er Jahre waren eine Zeit der
politischen Restauration mit einer gesellschaftlichen Doppelmoral und einer
prüden Sexualmoral. Für viele andere und für mich waren daher die 60er Jahre
eine Befreiung von der Vergangenheit. Es gab nach und nach eine freie
Jugendkultur mit Rock- und Beatmusik, eine fortschrittliche Literatur und Kunst
und auch eine sexuelle Revolution. Letztgenannte vor allem gegen kirchliche
Widerstände.